Samstag, 6. Mai 2017

Dem Elfmeter droht der Abpfiff

Wenn Ronaldo (Real Madrid) beim Anlauf zögere, schieße er meistens nach rechts. Frank Ribery (Bayern München) dagegen suche sich erst in letzter Sekunde die Ecke aus, damit Torhüter seine Körperbewegung nicht deuten könnten. Ebenso Lionel Messi (FC Barcelona). Es geht um Elfmeter beim Fußball und kaum jemand weiß mehr über sie als Ökonom Ignacio Palacios-Huerta aus London.

Mehr als 12000 Strafstöße bei WM, EM, Top-Ligaspielen und Pokal-Fights aus etlichen Ländern sind in seiner Datenbank verwertet – mit diesem ziemlich überraschenden Ergebnis. Oft entscheidet über Sieg oder Niederlage auch der Münzwurf des Schiedsrichters. Wer beim Elfmeterschießen anfangen dürfe, so Palacios-Huerta, erhöhe seinen Sieg-Chance von 50:50 auf 60:40: „Das beginnende Team ist psychologisch im Vorteil, weil der Schütze des zweiten Teams meistens nur ausgleichen kann.“
Italiens Torwart-Legende Gianluigi Buffon (Juventus Turin) hatte 2006 beim WM-Finale gegen Frankreich in Berlin von den Statistiken offenbar keine Ahnung. Er gewann vorm Elfmeter-Krimi das Los, ließ den Franzosen in der Hitze des Moments dennoch den ersten Schuss. Palacios-Huerta hat sich die Szene oft angesehen: „Buffon zögerte, griff sich an den Kopf, wusste nicht, was er tun sollte. Schließlich sagte er, er beginnt und stellte sich ins Tor.“ Italien siegte dennoch. Fußballclubs und die Nationalteams von England und den Niederlanden haben Palacios-Huerta inzwischen Beraterverträge gegeben.


Offenbar auch die Uefa. Die testet bei der Fußball-Europameisterschaft der Juniorinnen (U 17) den Vorschlag von Palacios-Huerta. “ABBA” heißt die neue Formel, Nach der beginnt Team A mit dem ersten Elfmeter, Team B darf danach zweimal ran, bevor wieder Team A zwei Schützinnen stellt. Gibt es nach fünf Durchgängen kein Siegerinnen-Team, geht der Spaß von vorn los.

“Elfmeter-Revolution” übertitelten mehrere Zeitungen diese Nachricht. Möglicherweise aber ist der Elfmeter in gar nicht so weiter Zukunft längst Vergangenheit. Ihm droht der Abpfiff. Marco van Basten, der bei der Fifa als Technischer Direktor für Erneuerungen zuständig ist, will den Elfmeter laut "Welr" durch eine Art Penalty-Schießen wie im Eishockey ersetzen. Der Schütze stürmt aus 25 Metern auf den Torwart zu und muss in acht Sekunden die Aktion abschließen. Das wäre dann wirklich mal was Neues.