Montag, 3. Juli 2023

Lieber Lebemann statt Schach-Weltmeister

Liest sich wie ein schlechter Scherz, was Schach-Journalist Conrad Schormann ("Perlen vom Bodensee") mit Blick auf die Juni-Weltrangliste witzelte. Er via Twitter: “Ganz oben ein Hobbyspieler und Privatier, dann ein Streamer, dann ein Modedesigner. Erst auf vier der erste Schachprofi.” Klingt verrückt, ist im Kern aber richtig. Nach seinem freiwilligen Rückzug als Weltmeister hat sich Magnus Carlsen (Platz 1, Norwegen) tatsächlich sehr verändert, gibt statt harter Arbeit am Schach lieber den Lebemann. Pokert viel, macht Partys mit seinen Model-Freundinnen, trägt lange Haare und Vollbart. Zudem kursieren im Internet mehrere Videos mit Trinkgelagen. Kürzlich beim Weltklasseturnier “Norway Chess” gelang ihm bei klassischer Bedenkzeit kein einziger Sieg (acht Remis, eine Niederlage). Das war Carlsen zuletzt vor 16 Jahren passiert. Stattdessen triumphierte dort Hikaru Nakamura, krallte sich den Siegerpreis von 65000 Euro. Als Schachprofi sieht sich der US-Amerikaner dennoch nicht: “Mein Job ist im Internet.” Nakamura streamt auf nahezu allen Plattformen, erklärt den Fans zumeist live seine Züge. Allein auf YouTube folgen ihm zwei Millionen Abonnenten. Auf die ganz große Bühne will auch Iran-Franzose Alireza Firouzja (Platz 3), der sich weniger um seinen König kümmert, sondern mehr ums Outfit. Firouzja steckt viel Zeit in seinen Zweitberuf als Modemacher. Seitdem wirken seine Anzüge noch ein wenig edler als seine Züge. Ach, ja! Dann ist da noch Platz 4 - der zurückhaltende Fabiano Caruana (USA). Sein Tagesprogramm: Acht bis zehn Stunden Schach, danach Squash oder Yoga. Zum Entspannen: TV.